Fotocredit: Momentothek/Tillfried Schober/www.momentothek-oberwart.at
EIN HAUS FINDET ZU SEINEN WURZELN ZURÜCK
„Ich habe mein Haus weder geerbt noch
geschenkt bekommen, sondern sehr hart selbst erwirtschaftet. Jeder, aber auch
wirklich jeder hat mir im Jahr 2011 vom Kauf abgeraten, weil das Haus
sanierungsbedürftig war und auch wirtschaftlich vom damaligen Pächter schlecht
geführt wurde. Und dennoch habe ich den Schritt gewagt,“ blickt Carmen auf die
Anfänge zurück.
Im November 2015 musste Carmen dann beim
Pächter die Notbremse ziehen und hat die Führung des Lokales selber in die Hand
genommen - quasi über Nacht und für sie völlig überraschend. Es sollte zum
Wohle des Lokales sein - letztendlich war es aber auch eine Glücksentscheidung
für sie persönlich. „Ich mag die alten Mauern, die auf eine bewegte
Vergangenheit zurückblicken und ich liebe die Menschen, die hier ein und aus
gehen. Ich wollte nie in die Gastronomie, weil ich als „Wirtshauskind“ mit
schlechten Erfahrungen aufgewachsen bin. Ich habe aber gelernt, dass jeder
Mensch seinen eigenen Weg geht und dass die Gastronomie für mich persönlich der
schönste Beruf der Welt ist.“
In den nächsten Jahren und bis zum heutigen
Tag wurde das Lokal von Carmen Weyse sowohl innen als auch außen einer
kompletten Renovierung und Vergrößerung unterzogen - immer im Blickwinkel, den
unverkennbaren Charakter sorgfältig zu erhalten. Vom ursprünglichen Tamdhu
blieb lediglich ein Teil der Bar sowie ein Teil der Dekoration an den Wänden
erhalten.
Zunächst galt es jedoch die Ärmel hoch zu
krempeln und für das Tamdhu einen Imagewandel zu erarbeiten. Das gelang mit
viel persönlichem Engagement und Herzblut und mit dem besten Team der Welt:
„Wir sind alle mehr als nur Arbeitskollegen, das verbindet uns und macht uns
stark“, sagt Carmen.
Das Lokal in der Wienerstraße 51 gilt nun seit
Jahren als feste Institution in Oberwart. Mit einem enormen Bier- und
Whiskyangebot und seinem unverkennbaren Stil hat es in Ostösterreich eine
einzigartige Sonderstellung. Seit Carmen das Lokal führt ist ihr Team
unverändert. Über 25.000 Gäste, vom Studenten bis zum Pensionisten, gehen hier
pro Jahr als Freunde ein und aus.
DER KAMPF UM UNSERE EXISTENZ
Nachdem das Lokal wieder raufgewirtschaftet
und sowohl Raucherregelung als auch Coronakrise überstanden waren, dachten wir,
die schlimmsten Zeiten lägen hinter uns. „Und dann brach Anfang 2021 die
sprichwörtliche Hölle über uns los,“ sagt Carmen Weyse.
2021 wurde das direkt an uns angrenzende alte
Wirtschaftskammergebäude an die Neue Eisenstädter Siedlungsgenossenschaft
verkauft. 12 bzw. 15 Wohnungen (je nachdem welche Einreichung man zitiert)
sollten auf 4 bzw. 5 Geschossen errichtet werden. Alle Wohnungen waren
unmittelbar auf unser Lokal ausgerichtet. Die Gebäudehöhe betrug 15 bis 17
Meter. Für uns bedeutete dieser Bau über kurz oder lang den Todesstoß, da
ständige Konflikte mit den Hausbewohnern, vor allem wegen Lärm vorprogrammiert
waren.
Wir wurden hinters Licht geführt - weder die
Neue Eisenstädter als Käufer, noch die Wirtschaftskammer als Verkäufer, noch
Gerald Guttmann als Planverfasser und treibende Kraft verloren uns gegenüber
ein Wort über ihr Vorhaben oder suchten ein Gespräch im Vorfeld. Im Gegenteil -
der Bau wurde unter grob irreführendem Titel eingereicht (nämlich „Die WKO baut
um und aus“ - was für uns einen Schluss
auf Büroräumlichkeiten, aber keinesfalls Wohnungen nahelegte).
Wir wurden übergangen - trotz grober Mängel
wurden die Einreichpläne von Bürgermeister Georg Rosner bewilligt. Die
Gemeindeführung verschloss die Augen und war nicht neutral. Unsere Einwendungen
wurden ignoriert.
„Das war für mich der Startschuss für einen
dreieinhalb jährigen Kampf um unsere Existenzberechtigung,“ sagt Carmen
Weyse. „Wirtschaftlich gesehen hat mich
das vor eine riesige Herausforderung gestellt, da viele Investitionen getätigt
werden mussten. Für einen Betrieb in unserer Größenordnung ist das der absolute
Supergau. Menschlich gesehen hatte ich plötzlich eine so unfassbar große
Unterstützung von Seiten der Bevölkerung, dass ich unglaublich demütig und
dankbar für diese Erfahrung bin. Ich denke der Zuspruch der Menschen, auf der
Straße, beim Einkaufen, in persönlichen Nachrichten uvm. war das, was mich all
die Jahre antrieb. Gesundheitlich hat der Dauerstress Spuren an mir
hinterlassen.
Die Gemeindeführung in Oberwart, und ich
sprech hier sowohl von Bürgermeister, Amtmann als auch von den Gemeinderäten
(mit Ausnahme einiger weniger, die aufrichtig und ehrlich um eine objektive
Kenntnis der Fakten bemüht waren) haben in meinen Augen komplett versagt. Ich
bin unendlich enttäuscht. Ignoranz, Uneinsichtigkeit, Desinteresse und der
vorauseilende Gehorsam gegenüber der Macht des Größeren haben unseren Fall zu
einem desaströsen Negativ-Beispiel werden lassen.“
Es würde hier zu weit führen, noch genauer ins
Detail zu gehen.
Zusammenfassend geht es nur darum, dass die
Situation aktuell sehr gut für uns ausgegangen ist. Der jahrelange Kampf hat
sich gelohnt.
Zwei Dinge waren ausschlaggebend: Zum einen meine Hartnäckigkeit.
Zum anderen mein Rechtsanwalt Mag. Claus-Peter
Steflitsch. Ihm ist es zu verdanken, das Recht Recht geblieben ist und nicht
Größe und Macht über Sieg oder Niederlage entschieden haben. Da Bürgermeister
Georg Rosner als Baubehörde erster Instanz bereits vor drei Jahren das
Bauansuchen aufgrund der Faktenlage abweisen hätte müssen, es aber stattdessen
bewilligt hat, beschlossen wir die Sache in dritter Instanz, sprich vom
Burgenländischen Landesverwaltungsgerichtshof in Eisenstadt entscheiden zu
lassen.
Das Ergebnis: Der Baubewilligungsbescheid des
Bürgermeisters wurde ersatzlos behoben.
EIN NEUES KLEID UND EIN NEUER NAME
Das dunkle Rotbraun auf der Tamdhu-Fassade hat
unser Haus 30 Jahre lang geprägt. Ende des Jahres 2024 erfolgte eine komplette
Neugestaltung der Fassade „Ich habe mich nun bewusst für ein helles,
freundliches Outfit entschieden, weil ich uns genau so sehe - strahlend und
einladend,“ sagt Carmen Weyse. Und da für Carmen Tradition so wichtig ist, war
es klar, dass sich auch der Name ändern musste. „Tamdhu“ hat nichts mit uns zu
tun, das sind nicht wir. Als ich den Namen übernommen habe, war mir damals schon
klar, dass ich ihn ändern werde, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Unser Haus steht seit 160 Jahren an diesem Platz. Für mich ist das eine sehr
lange Zeit, hier sind unsere Wurzeln, hier sind wir zu Hause. Und darum bekommt
es auch den Namen des Platzes mit dem es so sehr verwurzelt ist. FIFTYONE.“